Limit - the best crags in Tirol

88 89 Schnann | Region St. Anton am Arlberg | er Zustieg ist nicht lang, aber am Ende ein- zigartig: Um an den Fels in der Schnanner Klamm zu kommen, muss man erst durch diesen hindurch. Nicht durch Magie aller- dings, sondern durch einen durch den Fels getriebenen Gang – was für ein Auftakt! Entlang einer Stahlstiege geht es dann Schritt für Schritt tiefer hinein in eine Kletterwelt, wie man sie zwischen Arlberg und Pass Thurn kein zweitesmal findet. Wohin man blickt, ist grauer und kompakter Kalk, der nur auf den ersten Blick grifflos scheint. Langsam tau- chen Leisten und Kanten auf, kleine Risse und Löcher. Beizeiten rücken die Schluchtwände so nah, dass man das Gefühl hat, vollends von Fels umgeben zu sein. Im Halbdunkel unter den Füßen rauscht der Designer dieser Formenwelt: der Wildbach, der die Schlucht über die Jahrtausende hindurch ausgeschliffen hat und dem Fels mit der Kraft des Wassers seine einzigartige Skulpturalität verliehen hat. Weiter oben weitet sich die Schlucht, im Streiflicht sieht man plötzlich Bohrha- ken blinken und das Astwerk der Bäume bespielt die Felsen mit bizarren Schattenmustern. Es wird lichter, grüner, lieblicher – Ja! Genau hier will man klettern. Die Schnanner Klamm eignet sich mit ihren insgesamt 42 Routen perfekt für Familien- und Kletterneulinge. Der Bereich links außerhalb des Schluchteingangs mit Routen ab dem dritten Schwierigkeitsgrad ist wie gemacht für den ersten Felskontakt. In der Schlucht selbst sind die Schwierigkeiten breiter gefächert. Bis zum siebenten Franzosengrad kann man hier seine Skills testen. Trotz dem vielfältigen Angebot zählt die Schnanner Klamm nicht unbedingt zu den Giganten im Kletteruniversum Tirol. Gottseidank ist es nicht immer die Größe, die zählt. Seit jeher ist dieser Ort ein Brennpunkt der Naturkräfte. Vom wilden Wasser ist er geformt worden, tausende Tonnen Schutt sind durch ihn hindurchgegangen und haben so geologische Fundamente geschaffen, auf denen die Häuser Schnanns erbaut worden sind. Gegen Muren und Lawinen sind seine Kalkwände seit jeher ein Bollwerk aus Stein. Ein Ort mit Geschichte, ein Ort mit Charakter also, einer der mit dem Ort Schnann eine existenzielle Verbindung hat. Wegen all dem ist Klettern an diesem Ort weit mehr als nur sportliches Die-Wände-Hochgehen. Es ist ein echtes Naturerleb- nis. Die Energie der Berge und des Wassers haben hier deutliche Spuren hinterlassen, und wenn man sich zwischen den Routen einen Moment Zeit nimmt, dann spürt man diese auch heute noch. HYDROFORM Das Wasser hat diesen Spot geformt und auch in der »Rinne« (5c+), die Veronika Gaßner klettert, seine eindeutigen Spuren hinterlassen. Water has shaped this spot and has also left its marks in the »Rinne« (5c+), which Veronika Gaßner is on. MONDSÜCHTIG Wenn es eine 5c+ gibt, die man in Schnann probieren muss, dann diese: Veronika Gaßner klettert die ihrer Form wegen namensgebende Schuppe in der Route »Halbmond«. If there’s one 5c+ that you need to climb here in Schnann, then it’s this one: Veronika Gaßner enjoys mo- ving up the halfmooon-shaped flake of »Halbmond«. MEISTER DER MIKROSKOPIE Florian Heuber entschlüsselt die Mikrogriff-Sequenz in der Schlüsselstelle von »Hot Chocolate« (7b+). Florian Heuber deciphers the crux-sequence of micro-holds in »Hot Chocolate« (7b+). | Region St. Anton am Arlberg | Schnann D

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