Limit - the best crags in Tirol

78 2008 kletterte Babsi Zangerl den damals mit 8B bewerteten Boulder »Pura Vida« in Magic Wood (CH): Eine Sensation, denn noch nie war eine Frau so schwer gebouldert. Von da an ging der Stern der Vorarlber- gerin mit Lichtgeschwindigkeit am Kletterhimmel auf. Doch dann kamen die Schmerzen und bald darauf die niederschmetternde Diagnose: Bandscheibenvorfall. Fazit: Boulderkarriere finito. Doch Babsi Zangerl war nie eine, die gut im aufgeben war. Als der Rücken wieder spurte, orientierte sie sich neu, begann sich für’s Tradklettern und für immer größer werdende Wände zu interessieren. Mittlerweile ist ihr Routenportfolio voll mit harten, langen Routen und mit jeder weiteren, die ihr gelingt, zementiert sie ihren Status als versierteste Allrounderin der Gegenwart. War das mit dem Klettern die sprichwört- liche »Liebe auf den ersten Blick«? Ja, definitiv. Von Anfang an hat mir das extrem getaugt. Ich hab davor vieles ausprobiert, aber nichts hat mich so fasziniert wie das Klettern. Was hat dich damals speziell fasziniert? Das Kreative an diesem Sport, weil man ja Lö- sungen für unmöglich aussehende Probleme finden muss. Und natürlich auch unterwegs zu sein. Mit 14 Jahren war es echt cool, von zu Hause weg zu kommen und Wochenendtrips in verschiedene Gebiete wie das Tessin oder den Magic Wood zu machen. Wenn du das mit heute vergleichst: Sind es immer noch dieselben Dinge, die dir taugen, oder hat sich das geändert? Heute taugt mir mehr das Abenteuerliche. Es zieht mich einfach mehr an die großen Wände und zu den Reisen, die damit verbunden sind. Mich fasziniert heute das Gesamtpaket. Früher war das Bouldern meine Welt, und da war es mir oft schon zu viel, wenn der Boulder mehr als fünf Züge hatte. Heute mag ich es am meisten, die verschiedenen Disziplinen im Klettern zu kombinieren und auch mal mehre- re Tage in einer Wand zu verbringen und mir tausende Züge zu merken. Was war dein »first big epic«? Das war ein Ausflug nach Sardinien mit der »Klettergruppe Arlberg«. Die weltberühmte »Klettergruppe Arlberg«? Haha, die gibt’s nicht wirklich, die nenn nur ich so! Im Prinzip waren das ein paar Freunde und ich. Wir waren in der Gorropu-Schlucht. Als ich vor dem »Hotel Supramonte« (8b, 400m) stand, da hatte ich das erstemal das Gefühl, dass ich so etwas unbedingt mal versuchen will. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich null Er- fahrung, und eine solche Aktion war mir noch zu groß. Zwei Jahre später flog ich dann wie- der nach Sardinien, und dann war dies mein großes Ziel – nicht die Route gleich zu klettern, aber einfach mal zu schauen, wie weit ich da komme. Mir hat es dermaßen getaugt, ein so riesiges Projekt zu probieren. Das wichtigste für mich ist, dass es das Schönste ist, das ich mir vorstellen kann. Ich habe eine Wand oder eine Route im Kopf, die mich fasziniert und herausfordert. Was ist mit der Logistik in 1.000 Meter Wänden wie dem El Cap? Die ist für Bigwall-Newbies ja oft der Stolperstein. Wie leicht oder schwer ist sie dir ge- fallen? Planung ist fast alles. Wie viele Tage bin ich in der Wand, was brauche ich an Ver- pflegung, in welchem Stil will ich klettern? Oft weiß ich anfangs gar nicht, ob ich es überhaupt schaffe, die ganze Wand frei zu klettern. Genau das macht das Ganze für mich unglaublich aufregend. Es könnte ja sein, dass in der 25. Länge eine Passage kommt, die ich nicht schaffe. Dann geht das Projekt nicht auf. Speziell am El Cap ist es spannend. Da kann es schon mal sein, dass man fünf Tage plant, und dann ist das Wetter schlecht, man hat Probleme beim Haulen, kommt nicht weiter und muss die ganze Aktion verlängern. Dann heißt’s Essen sparen, es wird anstrengender, aber das Erlebnis wird noch intensiver. Egal wie viel man plant, es ist nie alles hundertpro- zentig planbar. Expeditionsklettern an den ganz gro- ßen Wänden à la Trango Tower oder Baffin Island – ist sowas auch interes- sant für dich? Ja, definitiv! Das steht ganz oben auf meiner Wunschliste. Es muss nicht Baffin Island oder Pakistan sein, aber irgendwo im Expe- ditionsstil eine Route zu klettern oder eine neue Route zu eröffnen: Das ist ein ganz großer Traum von mir! Und das ist dir gleich locker von der Hand gegangen ... Keineswegs. Ich hatte echt Angst, weil die Hakenabstände ziemlich deftig sind. Und es war extrem steil und schwer. Aber nach ein paar Tagen hatte ich das Gefühl, okay, das ist doch nicht so weit weg. Dann hab ich Stück für Stück dieses Puzzles zusammengesetzt, immer wieder meinen inneren Schweinehund überwunden und bin raufgeklettert. »Hotel Supramonte«, das du 2011 geklet- tert bist, war ja nur der Anfang. Dann kam die »Alpen Trilogie«, dann »Bellavista« (8c) an der Westlichen Zinne, dann »Zodiac« (VI 5.13d) am El Cap: Die Wände wurden im- mer größer und größer. Was ist wichtig, um solche riesigen Projekte durchzuziehen? “ Es zieht mich immer mehr an die großen Wände und zu den Abenteuern, die damit ver- bunden sind. Mich fasziniert das Gesamtpaket. “ Barbara Zangerl Die Allrounderin | Portrait | Barbara Zangerl

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