Limit - the best crags in Tirol
18 Jakob Schubert Der Sieger 8C-Boulder, 9b-Routen und jede Menge Weltcupsiege. Was das schwere Klettern betrifft, ist Jakob Schu- bert in Österreich das Maß der kleingriffigen und überhängenden Dinge, egal ob diese künstlich geschraubt oder natürlich gewachsen sind. Jakobs Disziplinen übergreifende Vielseitigkeit ist so legendär wie die Ge- schwindigkeit, mit der er Routen im neunten Franzosengrad pulverisiert. Wir haben uns mit dem Innsbrucker Kraftwerk über Olympia, 9b+ und Klettern als neuem Nationalsport unterhalten. Bei Wettkämpfen bist du Stammgast am Podium, am Fels kletterst du das Schwer- ste vom Schweren. Mit Goethe gesprochen wohnen »zwei Seelen in deiner Brust«. Aber wofür schlägt dein Herz? Mir taugt einfach beides. Aber das Wettkampf- klettern hat ein Ablaufdatum, am Fels kann man hingegen ewig klettern. Wenn körperlich alles hinhaut, möchte ich auch noch mit 80 draußen unterwegs sein. Du gehörst zu den wenigen, die zwei 9b-Routen geklettert sind. Warum wird der Name Jakob Schubert hauptsächlich mit Wettkampfklettern in Verbindung gebracht? Ganz einfach: In der Vorbereitungszeit für die Wettkämpfe bleibt oft monatelang keine Zeit für Fels, und da verschwindet man ein wenig vom Radar. Wo liegen deine Wurzeln, am Fels oder am Plastik? Ganz am Anfang habe ich schon Felskurse gemacht, aber richtig angefangen habe ich mit circa zwölf Jahren in der Halle. Von dort aus bin ich an den Fels gekommen. Ist es eigentlich ein Vorurteil, dass man sich vom Plastik kommend am Fels schwertut? Auch wenn man Indoor schon brutal stark ist? Ganz und gar nicht, denn es gibt zwischen beiden Bereichen große Unterschiede. In der Halle checkt man ja recht leicht, was zu tun ist, die Griffe sind durch Farben vorgegeben. Am Fels musst du alles selber suchen, und noch dazu gibt es mehrere Varianten, nicht nur die Verwirklichung der Idee des Routenbauers. Draußen musst du die beste Lösung für dich finden. Auch in meinem Team habe ich schon öfter beobachtet, dass sich viele am Fels erst mal schwer tun. Nur weil du in der Halle 8b kletterst, heißt das nicht, dass dir das am Fels auch gleich gelingt. Wir wissen alle, wie schwer eine 6c-Platte sein kann! Der Wettkampfkalender ist enorm dicht, wie findest du da noch Zeit für die Felsen? Es ist schon manchmal so, dass mir das Trai- ning wichtiger als das Rausfahren ist. Vor allem wenn ein Wettkampf ansteht. In der Aufbauphase bin ich fünf Mal pro Woche in der Halle und trainiere zwischen 25 und 30 Stunden, da geht sich nicht viel aus. Aber ich bin draufgekommen, dass das Klettern am Fels manchmal das beste Training ist. Fels ist gut fürs Plastik? Ja, gerade fürs Bouldern. So schlechte Griffe und Tritte wie am Fels gibt’s in der Halle nicht. Und wenn wir im Training einen Boulder bauen, den wir nicht schaffen, gehen wir zum nächs- ten. Aber am Fels weiß ich ja, dass diese Züge schon jemand gemacht hat. Dann probiere ich natürlich weiter, weil ich es auch schaffen will. Einen Zug versucht man oft zehn- bis zwanzig- mal – ein besseres IK-Training (Intramuskuläres Koordinationstraining, Anm.) gibt’s fast kaum. obwohl ich, wie viele andere, nicht megahap- py mit der Kombinationswertung (Lead-Boul- dern-Speed) bin. Das gibt es sonst bei keinem Wettkampf. Am besten wäre es, so wie im Weltcup, drei Disziplinen zu haben. Aber das ist nicht möglich, denn das IOC hat nur eine Medaille zur Verfügung gestellt. Ich hoffe, dass wir uns 2020 so gut präsentieren, dass wir bei den nächsten Spielen drei Medaillen kriegen. Zuwachszahlen, von denen andere Sport- arten nur träumen können, internationale Erfolge en masse – wird Klettern der neue Nationalsport? Da müssten erst mal die Medien und vor allem das Fernsehen mitspielen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Skifahren je als nationales Selbstbild verschwindet, selbst wenn es so gut wie keinen Schnee mehr gibt. Ob Klettern Natio- nalsport wird oder nicht, das ist mir recht egal. Mit »Bügeleisen sit« (8C) im Maltatal (AUT) oder »Fight or Flight« (9b) in Oliana (ESP) bist du das Härteste vom Harten geklet- tert. What’s next? So wie’s kommt, kommt’s! Routen zu wie- derholen, nahe ans Limit zu gehen oder es zu verschieben – das finde ich am geilsten. 8C-Boulder, 9b-Routen – an beidem möchte ich weiter dranbleiben. Wer 9b klettert, probiert auch irgendwann 9b+ ... Ja und nein. 9b’s gibt es mittlerweile ein paar, die Auswahl an potentiellen 9b+ Routen ist ge- ring. Es gibt ja nur drei (»Vasil Vasil« in Tsche- chien, »La Dura Dura« in Oliana, »Change« in Norwegen) und alle sind extrem eigen. Ich kenne keinen, der gerade eine davon probiert. Was sind deine »places to be« in Tirol? Die meiste Zeit habe ich im Ötztal und im Zillertal verbracht. Da habe ich auch ein paar Erstbege- hungen gemacht: »Grantiger Bauer« (8c+/9a) am Saustein im Zillertal oder »Kein Licht, kein Schat- ten« (9a) am Elefantenwandl im Ötztal. Achleiten möchte ich mir unbedingt mal anschauen. Und, wie schaut’s mit dem 9b-Potenzial in Tirol aus? Von unmöglich schweren Projekten habe ich zwar schon gehört, aber ich war noch nie drinnen. | Portrait | Jakob Schubert Im Weltcup gehst du im Bouldern und im Lead an den Start. Hat dich eine Disziplin nicht ausgelastet? Wie fast alle Wettkampfkletterer habe ich mei- ne Wurzeln im Leadklettern. Um da erfolgreich zu sein, muss man aber auch viel bouldern und das hat mir eigentlich immer getaugt. Du hast etwas geschafft, was kaum jemandem gelingt: Weltcups in beiden Disziplinen zu gewinnen. Ich hab viel mit Kilian (Fischhuber) trainiert und irgendwann gemerkt: Hey, so viel schlechter bin ich nicht. Das hat mir ziemlich viel Selbst- vertrauen gegeben, und ich hab gewusst, dass auch ein Sieg beim Bouldern möglich ist. Im Wettkampfklettern ist ja Olympia das große Thema. Du wirst 2020 dabei sein. Träumst du auch den olympischen Traum? Auf jeden Fall sehe ich das Ganze sehr positiv, “ Nur weil du in der Halle 8b kletterst, heißt das nicht, dass dir das am Fels auch gleich gelingt. “
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