Vom Übungsklettersteig bei der „Gaudi“-Hütte über den Klamml-Klettersteig bis zum Kaiserschützensteig – der „Kaiser“ bietet in seinem Bergreich für jeden Anspruch den perfekten Steig. Für Anfänger und Familien, für mutige Kraxler und ausdauernde Bergfexe. Via Ferrata, viva la vita.
Klettersteige am Wilden Kaiser – für jeden was dabei
Sommer, Sonne, Eisenwege: Wenn die Temperaturen nach oben gehen, klettern wir automatisch mit in höhere Regionen. Dahin, wo die Luft nicht stickig ist, sondern angenehm frisch, wo nur das Summen und Brummen der Bienen und Hummeln und das Gebimmel der Kuhglocken den Takt vorgeben, wo Almwiesen mit einer bunten Blumenpracht um ihr staunendes Publikum buhlen. Dorthin, wo die Gipfel steil emporragen und mit ihren faszinierenden Formen mal furchteinflößend und mal lieblich auf uns wirken. Dahin, wo uns Klettersteige am Wilden Kaiser mitten durch diese prachtvollen Wände einen Weg ebnen, der sonst nur Kletterern vergönnt ist. Seine Majestät „Wilder Kaiser“ lässt uns Eisenleitern hochkraxeln, über Klammern und Stifte steigen, wackelige Drahtseilbrücken überqueren und eine atemberaubende Landschaft genießen. Für die einen sind es Eisenwege, für uns sind es Stairways to Heaven – und der Kaiser bittet zur Audienz.
Wilder Kaiser für Einsteiger und Familien
Für Einsteiger, Familien und alle, die sich an das Gehen mit viel Luft unter den Sohlen gewöhnen wollen.
Oberhalb der Gaudeamushütte gibt es für Einsteiger und Familien einen perfekt abgesicherten Übungsklettersteig. Hier kann man in aller Ruhe die Techniken für eine sichere Begehung von Klettersteigen trainieren: Wie man am schnellsten die Karabiner öffnet und wieder sicher verschließt. Wie man seine Wanderschuhe am Fels platziert, ohne sofort abzurutschen, und wie man sich leichtfüßig mithilfe von Eisenklammern und -stiften sowie Drahtseilen nach oben, nach unten oder auch mal querend bewegt. Wer gar nicht weiß, wie es richtig geht, sollte sich einen Bergführer nehmen, sicher ist sicher, und vor allem lernt man dann die richtige Technik von der Pike auf.
Dieser Klettersteig am Wilden Kaiser ist mit 50 Metern kurz und somit ideales Terrain für Einsteiger, die sich in aller Ruhe an die Höhe und Ausgesetztheit der Eisenwege gewöhnen möchten – schließlich kann man den Steig so oft wiederholen, wie man möchte, oder nach ausgiebigen Übungseinheiten eine Wanderung anschließen. Der Übungsklettersteig liegt praktischerweise in unmittelbarer Nähe zu einem Wanderweg.
Auch schön: Den Tag am Steig verweilen und zwischendurch ein Nickerchen auf der Wiese machen, den Bienen bei ihrer Arbeit zuschauen und den Weg der Wolkenschafe verfolgen. Wenn ihr dann richtig trainiert seid, wird es Zeit für eine ausgiebige Einkehr auf der Gaudeamushütte, die Gott sei Dank nur 20 Minuten zu Fuß entfernt liegt. Und so kann man förmlich den Kaiserschmarren schon auf dem Weg zur Hütte riechen – lecker.
Wilder Kaiser für Fortgeschrittene
Für alle, die bereits Klettersteigerfahrung haben, steile Wände emporsteigen möchten und Lust auf eine Mutprobe haben. Eine Dreiviertel-Tagestour mit Abenteuercharakter.
Startplatz ist, wie für den Übungsklettersteig, die Wochenbrunner Alm, wo man sich an der imposanten Gipfelszenerie des Kaisergebirges kaum sattsehen kann. Von hier geht es in gemütlichem Tempo Richtung Gaudeamushütte. Die Hütte lasst ihr rechts liegen – euer Weg führt über den „Murmeltierfelsen“ Richtung Einstieg zum Klettersteig. Wer mit (klettersteigerfahrenen) Kids unterwegs ist, kann am Murmeltierfelsen eine Pause machen – vielleicht habt ihr Glück und könnt ein paar Klettermaxen zusehen, wie sie sich den Felsen hochschieben. Die Holzbänke laden ohnehin zum Verweilen samt kleiner Brotzeit ein. Nach einer letzten Stärkung geht es weiter bergwärts. Das Gelände wird rauer und verblockter – der Einstieg des Klamml-Klettersteiges ist bald erreicht. Spätestens hier heißt es: Helm auf, Klettergurt an und dann kraftvoll einsteigen – der Klamml hat es nicht so mit der Zurückhaltung, er haut gleich einen raus, sprich: es gilt beherzt und präzise im Fels anzutreten, hochzuschieben und mit den Händen gut zuzupacken. Puh, gar nicht so leicht, aber irre spannend. Die nächste Zeit heißt es klettern, kraxeln und konzentrieren. Und dann ist da eine Felsecke, um die man herumgeht – der Blick wird frei für eine Felsschlucht, über die eine Drahtseilbrücke gespannt ist. Noch einmal tief durchatmen, die Selbstsicherung in das Sicherungsseil einklinken und los geht’s … Etwas wackelig und deshalb auch nur einzeln begehbar, aber super spannend! Klettersteighandschuhe sind hier durchaus hilfreich, dann können die feuchten Hände nicht vom Seil rutschen … Auf der anderen Brückenseite geht es dann die steile Wand über Eisenklammern und Leitern senkrecht empor. Nix für schwache Nerven.
Wer aber hier sein Vergnügen hat, wird im zweiten Abschnitt des Steigs die Endorphine zum Tanzen bringen. Viel zu schnell ist der Ausstieg erreicht – am liebsten würde man gleich noch mal einsteigen.
Tipp: Nach so viel Adrenalin ist eine ausgiebige Pause wichtig. Gut, dass die Gruttenhütte nur einen kleinen Abstecher entfernt liegt. Der letzte Abschnitt zurück zur Wochenbrunner Alm führt durch einen dichten Wald, auf dem in Lichtungen viele Steinmännchen aufgestellt worden sind. Hoffentlich haben diese den harten Winter überlebt, ansonsten: Steine sammeln und neu auftürmen.
Wilder Kaiser für Könner
Für ausdauerliebende, erfahrene Klettersteiggeher, die auch Passagen ohne Seilsicherung souverän meistern.
1400 Höhenmeter Klettersteig – eine echte Ansage und nur genussvoll, wenn eine Gehzeit von 10 bis 11 Stunden zum normalen Repertoire zählt. Und weil allein die Anzahl der Wanderstunden nicht reicht, sind auch noch einzelne ausgesetzte Passagen auf der langen, kräftezehrenden Tour ohne Sicherung zu bewältigen. Somit sollte klar sein, dass der Kaiserschützensteig nur etwas für erfahrene Bergwanderer ist, die über hochalpines Wissen verfügen und auch bei viel Luft unter den Sohlen nicht die Nerven verlieren.
Übrigens: Der Kaiserschützensteig wurde 1987 gebaut – zum Gedenken an die Opfer des Ersten und Zweiten Weltkrieges.
Ausgangspunkt für die Tour ist im Kaisertal das Hans-Berger-Haus. Unbedingt übernachten, gilt es doch die Hüttenbibliothek ausgiebig zu erkunden, einen Plausch mit der umtriebigen Hüttenwirtin (auch Wilde Kaiserin genannt) zu halten oder einfach nur den tibetischen Gebetsfahnen beim Spiel mit dem Wind zuzusehen und dabei ein Glaserl zu trinken. Wir empfehlen, für den Klettersteigtag Lagerbetten in der Gruttenhütte zu reservieren. Dann müssen die müden Beine nicht mehr den letzten Abstieg bis zur Wochenbrunner Alm machen, bzw. ganz ins Tal, und man kann noch einmal einen Sonnenuntergang auf der Hüttenterrasse erleben und am nächsten Tag mit neuen Kräften den letzten Abschnitt ins Tal problemlos meistern. Der Kaiserschützensteig ist definitiv eine majestätische Tour, die mit zwei Übernachtungen auf zwei Hütten zu einem Wochenendtrip ausgedehnt wird. Bitte nur bei sehr stabilem Wetter gehen und wenn sicher ist, dass die Wege eis- und schneefrei sind.
Tipp: Ende Juni stehen zur Sonnenwende wieder die „Berge in Flammen“. Besonders viele und besonders beeindruckende Sonnwendfeuer gibt es an beiden Talseiten im Wilden Kaiser. Wer mag, kann am Sonnwendabend mit der Bergbahn nach oben gondeln, dort zu Abend essen und die Feuer von oben betrachten. Oder ihr mietet euch beispielsweise im Landhotel Föhrenhof, etwas außerhalb von Ellmau gelegen, ein. Die Zimmer punkten mit einer riesigen Fensterfront mit direktem Bergblick – falls eine gewisse Müdigkeit nach anstrengenden Outdooraktivitäten euch in die Horizontale zwingt … Gourmets sollten unbedingt die Halbpension buchen, ein echtes Highlight, selbstverständlich biologisch und regional.