Ankommen, aufatmen, runterfahren – so könnte man einen Kletterurlaub im Tannheimer Tal in drei Worten zusammenfassen. Der Tourismus hier ist sanft, das Panorama imposant und die Kletterei äußerst vielfältig: Alpin-, Sportklettern, Bouldern, Klettersteige – alle Spielarten des Klettersports sind für Groß und Klein vorhanden.
Sommerfrische wird im selbsternannten „schönsten Hochtal Europas“ großgeschrieben. Und das bezieht sich auf Zwei- und Vierbeiner gleichermaßen. Während die zweibeinigen Berggäste beim Klettern und Wandern ihre Akkus wieder aufladen und die frische Luft einatmen, genießen die vierbeinigen Sommergäste – die aus Schwaben und Tirol kommen – die würzigen Sommerkräuter auf den Hochalmen. Das Tannheimer Tal ist kein klassisches Durchgangstal, es geht hier alles ein wenig gemütlicher zu. Der Tourismus ist sanfter, die Bergbahnen nicht überdimensioniert. Das Tal strahlt eine entspannte Ruhe aus – was auch daran liegen mag, dass der Talboden breit ist und die Almwiesen moderat ansteigen. Oben krönen dann formschöne Gipfel die Landschaft: Im Nordosten reihen sich die schrofigen Kletterberge Schartschrofen, Rote Flüh, Gimpel und Kellenspitze aneinander. Im Süden wird das Tannheimer Tal durch die Vilsalpseeberge wie Gaishorn, Rauhhorn, Kugelhorn, Bschießer und Krinnenspitze eingerahmt. Im Nordwesten wachen Einstein, Brentenjoch und Aggenstein über Tal, Ortsansässige und Gäste.
Der Klettersport blickt im „Tannheim“, wie der Volksmund es liebevoll bezeichnet, auf eine lange Tradition zurück: Bereits zur Jahrhundertwende wurden an den bis zu 200 Meter hohen Südwänden der Berggipfel erste Routen eröffnet. Viele davon sind mittlerweile saniert, aber auch heute findet man noch einige Routen mit „echtem“ Alpincharakter. Insgesamt ist das Tannheimer Tal weithin bekannt für seine vielen beeindruckenden Mehrseillängengebiete: Hochwiesler, Gimpel und Rote Flüh sind die Parade-Kletter-Gipfel schlechthin und ein MUSS für eingefleischte Alpinkletterinnen und -kletterer. Wer sich stattdessen im Baseclimb-Bereich heimisch fühlt, findet im Tannheimer Tal ebenfalls einige durchaus lohnende Klettergärten, beispielsweise das Klettergebiet „Kanzel“ am Neunerköpfle. Aber auch Klettersteige gehören zum Portfolio des Tales und ein Waldseilgarten für Kids. Ebenfalls erwähnenswert: das Wanderwegenetz. In drei Etagen kann von leicht bis alpin gewandert werden – und so wurde das Tannheimer Tal zu Österreichs schönster Wanderregion gekürt.
Klettergebiet „Kanzel“: tolles Panorama, entspannender Kuhglocken-Jazz
Ein lohnendes Ziel für Fans feinster Kalkkletterei: der Klettergarten „Kanzel“. Das Klettergebiet liegt auf zirka 1.500 Metern Höhe und ist mit der Neunerköpflebahn bequem erreichbar. Von der Bergstation sind es gerade einmal 10 Minuten zu Fuß und das mehr abwärts als aufwärts. Die Felsstruktur verheißt interessante und abwechslungsreiche Klettertage. Das Panorama bringt die Seele zum Lachen und durch die Höhenlage ist auch an heißen Sommertagen ungetrübter Kletterspaß möglich. Während man am linken Sektor etwas abschüssig steht, eröffnet sich im rechten Teil ein breiter schöner Waldboden, an dem man bequem stehen oder bei einer Pause die Füße lang von sich strecken kann. Auch die Felsbeschaffenheit wechselt zwischen den Sektoren mit insgesamt 22 Routen zwischen 5b und 7b.
Klettersteige gehen in den Tannheimer „Dolomiten“
Einmal auf die ausgesetzte Rote Flüh, aber nicht über alpine Kletterrouten, sondern mal anders? Dann ist der Friedberger Klettersteig eine lohnende Alternative. Übrigens: Seinen Namen hat der Berg von den Schichten an rotem Kalkgestein, die bei Sonnenuntergang auffallend rötlich schimmern – sehr romantisch. Eher atemberaubend ist der Klettersteig, und zwar wegen seiner vielen grandiosen Aussichtsmöglichkeiten. Während der Kletterpartie bekommt man zwar wenig mit von der Welt um einen herum, aber in den Pausen, da ist der Blick über das Bergpanorama einfach nur bombastisch. Die Schwierigkeit des Klettersteigs ist mit C angegeben, also mittelschwer. Die reine Kletterzeit beträgt ca. 1,5 Stunden, mit Zu- und Abstieg ist es eine schöne Ganztagestour mit lohnenden Einkehrmöglichkeiten wie der Tannheimer Hütte und dem Gimpelhaus. Zwar ist der Steig nicht besonders lang, aber dafür gibt es einige kurze, sehr knackige Steilpassagen zu bewältigen. Auch die Steinschlaggefahr sollte nicht unterschätzt werden. Insofern eignet er sich für die Begehung mit älteren Kindern, die über die nötige Trittsicherheit und Technik verfügen.
Wer es noch etwas knackiger möchte und sich an heißen Sommertagen in kühlen Nordwänden wohlfühlt, der sollte den Lachenspitze Nordwand Klettersteig in Erwägung ziehen. Der Eisenweg ist mit dem Schwierigkeitsgrad D eingestuft und gilt als deutlich schwerer als beispielsweise der Hindelanger oder der Mindelheimer Klettersteig. Wer alpine Erfahrung hat, trittsicher ist und eine gute Armkraft sowie absolute Schwindelfreiheit mitbringt, der erlebt hier eine absolute Traum-Klettersteigtour. Im Abstieg unbedingt bei der Landsberger Hütte einkehren – es lohnt sich.
Eine Übersicht zu allen Kletter- und Klettersteigmöglichkeiten gibt es natürlich auf Climbers Paradise – Tannheimer Tal.
After-Climb und Kulinarik
Die Anzahl der Hütten und vor allem die gute Küche spricht für das Tannheimer Tal, denn Erholung vom Alltag führt auch durch den Magen. Schön ist auch, dass es praktisch immer in unmittelbarer Nähe von Klettergärten und Klettersteigen attraktive Einkehrmöglichkeiten gibt. Tipp: Wer im Klettergarten „Kanzel“ unterwegs war, sollte bei der Gundhütte einkehren: Der Apfelstrudel, der in Vanillesoße badet, ist ein Gedicht und wird vom Panoramablick auf der Sonnenterrasse fast schon kitschig begleitet.
Alles, außer klettern
Das Programm ist reichhaltig: Wandern (auf drei Ebenen), Rennradfahren, Mountainbiken, Trailrunning, Baden, Angeln sowie Yoga und Wellness. Übrigens: Das Tannheimer Tal beherbergt Top-Wellness-Häuser, die zu den Besten in ganz Österreich zählen. Ganze 14 (!) Vier-Sterne-Hotels sorgen für eine hohe Wellness-Dichte, die auch als Day-Spa genutzt werden können. Für die Kids ist ein Besuch des Waldseilgartens definitiv ein Highlight. Ebenfalls interessant: Am Neunerköpfle, an dem sich der Klettergarten „Kanzel“ befindet, gibt es am Wanderweg spannende Stationen, die spielerisch über Flora und Fauna informieren. Kuhglocken in allen Größen laden zum Musizieren ein, samt Notenbuch, womit sich beispielsweise die „Vogelhochzeit“ nachspielen lässt. Die Tannheimer lieben aber auch ihre vierbeinigen Sommerfrischler und stellen einige besonders hübsche Exemplare mit Bild vor. Badespaß erlebt man im Sommer an Haldensee und Plansee. Schon allein die Wasserfarbe der beiden Seen erinnert an die Karibik – Urlaubsfeeling ist hier garantiert.
Ebenfalls ein tolles Erlebnis für große und kleine Kapitäne: Eine Fahrt mit einem der höchst gelegenen Schifffahrtslinien Österreichs. Die Linienschiffe bieten von Mai bis in den Herbst hinein Rundfahrten auf dem Plansee an und steuern auch über den Kanal den etwas höher gelegenen Heiterwanger See an. Sportlicher geht es mit Stand-up-Boards übers Wasser.
Übernachten
Von Luxus-Spa-Resort über Pension, Bauernhof und Campingplatz – das Tannheimer Tal bietet für jede Ansprüche die passende Übernachtungsmöglichkeit. Selbstverständlich gibt es auch besonders kletterfreundliche Unterkünfte.