Nichts als Fels, Landschaft, Leere und Stille: Es ist kaum zu glauben, dass es zwischen den Städten Innsbruck und München noch so viel unberührte Natur gibt. Mit 727 km ist das Karwendelgebirge nicht nur das größte Tiroler Schutzgebiet und der größte Naturpark Österreichs, sondern auch das größte Klettergebiet der Nördlichen Kalkalpen.
Headerbild: Woodstock
400.000 Menschen pilgerten im Jahr 1969 zu diesem legendären Musikfestival. Zur „Woodstock“ (10-) an der Speckkarspitze pilgern hingegen nur wenige Auserwählte wie die ehemalige Boulderweltmeisterin Anna Stöhr und Ex-Boulderweltcupgesamtsieger Kilian Fischhuber. Für beide ist der Halleranger – ganz im Gegenteil zum Woodstockfestival – die Oase der Ruhe schlechthin.
Keine andere Alpenstadt kann sich rühmen, eine derart monumentale, von der Natur geschaffene Stadtmauer zu haben wie Innsbruck. Im Norden steht sie stur, starr und stolz wie der Archetypus des kernigen Klischeetirolers: die 2.637 m hohe Nordkette.
Steht man auf ihr und frönt dem Weitblick nach Norden – der dem Klischeetiroler im Übrigen gerne abgesprochen wird –, so wird eines sofort klar: Innsbruck hat nicht nur eine Stadtmauer, sondern gleich mehrere hintereinander. Denn vier große Gebirgsketten ziehen sich im Karwendel kilometerlang von West nach Ost und bilden eine imposante Festung aus tausenden Zinnen und Scharten, ein Bollwerk aus karwendeligem Kalkgestein. Lange galt das Attribut karwendelig unter Kletterern als Synonym für brüchig. Doch das ist ein historisches Fehlurteil, wie der ehemalige Boulderweltcupgesamtsieger und Wahlinnsbrucker Kilian Fischhuber bestätigen kann:
„Auf viele alte Alpintouren mag das zutreffen, aber die neuen Sportkletterouten und vor allem die Routen an der Speckkarspitze führen durch bombenfesten Fels.“
Glatt, wie mit dem Buttermesser heruntergeschnitten, seien diese, meint Kilian. Und Anna Stöhr erinnern sie an eine Raufasertapete, durchzogen mit wunderschönen Risssystemen, die kunstvoll die Linien vorgeben. Angesichts der schier unendlichen Klettermöglichkeiten, die die vier Innsbrucker Stadtmauern bieten, muss eines nicht weiter verwundern: Für alpinaffine Studierende aus ganz Europa gilt die Universitätsstadt Innsbruck als der Sehnsuchtsort schlechthin. 40 Prozent der angehenden Akademiker*innen kommen inzwischen aus dem Ausland. Und auch wenn böse Zungen behaupten, dass diese untertags kaum zugegen seien, tragen sie wesentlich zum internationalen Flair der Stadt bei. Es gibt keinen Zweifel: Innsbruck ist und bleibt die Kletterhauptstadt der Alpen.
Späte Liebe
Anna hat das Alpinklettern und auch das Karwendel erst so richtig nach ihrer Profikarriere als Boulderin für sich entdeckt. Dafür genießt sie den Abenteuerspielplatz vor der Haustür jetzt umso mehr. Übrigens ist auch „Woodstock“ eine Erstbegehung von Annas Papa und ihrem Trainer Reini.
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In diesem Heft haben wir uns ganz dem Alpinklettern in Tirol gewidmet. Auf 136 Seiten präsentieren wir die beeindruckende vertikale Vielfalt Tirols. Mit spannenden Storys aus 15 Kletterspots, die einen tiefen Einblick in die Geschichte des alpinen Kletterns in Tirol bieten.
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