Es gibt diverseste Motivationen, einen Klettergarten aufzusuchen. Manchmal schätzt man die außergewöhnliche Felsqualität und die tollen Routen, die sich daraus ergeben; manchmal den kurzen, bequemen Zustieg, sodass sich noch ein paar Kraxelmeter nach der Arbeit ausgehen; manchmal die schön flache Wiese mit den Kuhfladen am Wandfuß, sodass die Kinder sich austoben können; und manchmal eben die Knödel.
Wobei, manchmal ist dann wohl übertrieben, es gibt genau einen Klettergarten auf diesem Planeten, auf den dies zutrifft: Den neben der Darmstädter Hütte hoch über St. Anton am Arlberg, denn auf der Darmstädter Hütte, da gibt es sie, die besten Knödel der Welt.
Stimmt schon: Der Fels ist auch herrlich kompaktes Urgestein da oben. Und die 2.300 Meter Meereshöhe, die sind an heißen Tagen im Sommer auch ein großer Bonus, weil im Tal gibt’s da nur mehr ganz wenige Klettergärten, die dann angenehm sind. Und die Ausblicke, das alpine Flair, die Wildheit der Gegend, alles gute Gründe, aber die Knödel hier oben sind der ultimative Trumpf. Nur erarbeiten muss man sie sich schon mal, da hilft halt alles nix.
11 Kilometer, 1.200 Höhenmeter, gute 4 Stunden, so weit oben liegen die Knödel. Wenn man raufwandert. Oder man geht nicht zu Fuß, sondern mit dem Zeitgeist, und schnappt sich in St. Anton ein Mountainbike. Wir satteln auf und treten in die Pedale, und dass sich das heute so wunderbar leicht anfühlt, liegt nicht etwa an unseren überirdischen Wadeln, sondern am Bosch-Motor, der uns lautlos, aber konsequent unterstützt.
„Ganz ehrlich, seit ich im Frühsommer mein E-Bike bekommen hab, war ich kein einziges Mal mehr mit dem alten Radl unterwegs“, gesteht Valentina Frankhauser, die heute mit uns durch das einsame Moostal zur Darmstädter Hütte pedaliert.
Kraxln für die besten Knödel der Welt
Zugegeben, so richtig anstrengend waren die Höhenmeter zur Hütte durch die Bosch’sche Unterstützung nicht. Was sonst eine satte Mountainbike-Tour gewesen wäre, ist mit Motor gerade mal ein Aufwärmspaziergang. Der große Vorteil daran: Wir sind oben noch topfit für ein paar Touren – die Klettergärten unweit der Hütte, das griffige Urgestein und der Ausblick auf Seekopf und Saumspitze machen diese ganz besonders lohnend.
Im Umfeld der Hütte gibt es einige große Blöcke, die mit Klebehaken versehen wurden. „Schweinestall“, „Apothekerblock“ oder „Verwall di Mello“ heißen die, in der letzten Kehre vor der Hütte gibt es noch den Sektor „Schneekönig“. Zwölf Routen bis zum Schwierigkeitsgrad 7a, das reicht für eine gute Session in der Höhe. Ein Blick auf die Topos der zahlreichen Routen rund um die Hütte lohnt sich allemal.
Die gequälten Füße kann man danach noch wunderbar in das kleine Gebirgsbächlein tunken, aber dann haben wir sie uns wirklich verdient, die besten Knödel der Welt: Bis weit über den Arlberg hinaus ist die Darmstädter Hütte dafür bekannt. Und die werden hier oben förmlich zelebriert, „Frisch ist besser!“, steht auf der Speisekarte, und „Bitte 20 Minuten Wartezeit einplanen.“ Nach dem Geheimnis seiner Knödel befragt, verrät Hüttenwirt Andi nur so viel: „Man muss einer Linie treu bleiben.“ Will heißen: Seit drei Generationen wird das Rezept verfeinert, Andis Großmutter war schon als leidenschaftliche Knödelrollerin bekannt, er selbst ist hier auf 2.384 Metern groß geworden. „Seit 43 Sommern bin i jetzt scho heroben, i kenn gar nix ander’s!“
Viel mehr muss man auch nicht kennen. Die Frage, die sich nun unweigerlich stellt, ist nur, ob man in der urigen Hütte übernachten soll und morgen den „Schweinestall“ auscheckt, oder doch wieder entspannt ins Tal zurückrollt. Wobei es dort eben heiß ist und es keine so guten Knödel gibt. Kurz überlegt, dann reservieren wir uns bei Andi ein Matratzenlager, morgen ist’s wieder schön. Und hoffen auf Knödel zum Frühstück.