Habt ihr mal am Hallenkollaps gelitten, weil ihr zu oft im Gym wart? Kennt ihr den I-don’t-like-people-Moment, weil zu viele Leute mit Ellbogeneinsatz um eine Route kämpfen? Oder habt ihr euch schon mal geärgert, dass trotz mehrwöchigem Fingerboard-Training die Leiste im Projekt immer noch zu knackig zu halten ist? Ja, es gibt sie überall, Dinge, Menschen oder Umstände, die einen körperlich oder auch mental quasi aus der Balance bringen: Die Motivationskiller beim Klettern!
1. Kletter-Auszeit: wirkt manchmal Wunder
Diese Tage, an denen man besser zu Hause bliebe, gehören zum Klettern dazu. Und sie sind gut – denn häufig kommen wir nach einer Phase des Nicht-motiviert-Seins mit der fünffachen Lust und Energie zurück. Selbst Wolfgang Güllich soll nach seinen Klettertrips immer ein paar Wochen Kletterpause gemacht haben, und Ben Moon kletterte nach fünf Jahren der Kletterabstinenz Rain Shadow, seine zweite 9a (25 Jahre nach seiner ersten). Und warum? Weil beide ihre Motivation wiederfanden, um zu trainieren, sich anzustrengen und sich zu fokussieren. Also: Eine Auszeit ist ok, besonders dann, wenn uns die Motivationskiller süffisant zulächeln.
2. Hinderungsgrund: Externe Faktoren
Problematisch wird es allerdings, wenn wir nicht mehr frei entscheiden können, ob wir klettern gehen können. Beispielsweise, wenn wir verletzungsbedingt oder aufgrund stressiger Phasen zu Pausen gezwungen werden.
Externe Faktoren, die uns der freien Entscheidung, klettern zu gehen, „berauben“, sind die Todfeinde der Motivation. Hier entsteht ein gegensätzlicher Effekt zu dem „Prinzip des optimalen Erregungszustandes“. Kurz erklärt: Sind wir weder über- noch unterfordert, haben wir das Gefühl, wir könnten mit unseren Handlungen etwas bewirken. Daraus schöpfen wir Motivation und steigern uns (ins potenziell Unermessliche) – wir sind optimal aktiviert. Dabei liegt die Latte zwischen Über- und Unterforderung bei jedem Menschen unterschiedlich hoch; was den einen pusht, kann den anderen hemmen und umgekehrt.
3. Motivationsverlust: Unter- oder Überforderung
Im Sinne des optimalen Erregungszustands geht man davon aus, dass Menschen, die unter- oder überfordert sind, die Lust am Tun verlieren. Leider finden wir im Klettern allerhand Situationen, in denen schnell eine nicht optimale Anforderung gegeben ist: Stress oder Konflikte bei der Arbeit, im Studium oder in Beziehungen können eine Überforderung in der ohnehin schon äußerst komplexen Sportart bewirken. Bei Verletzungen sind wir erst unterfordert (man kann ja nichts tun), worauf eine Phase der Überforderung folgt (man beherrscht nicht mehr dasselbe Level wie zuvor). Dauert der eine oder andere Zustand eine längere Zeit an, sinkt die Motivation weiter aufgrund falscher Ansprüche an die eigene Person. Diesen mentalen Teufelskreis zu durchbrechen – bzw. in erster Linie diesen zu erkennen –, stellt häufig eine nicht zu vernachlässigende Herausforderung dar. Häufig kommen in solchen Phasen weitere Motivationskiller dazu: Wegen einer geringen Erfolgswahrscheinlichkeit zweifeln wir an uns selbst, die Angst vor Misserfolg drängt uns in ein sogenanntes Flucht- oder Vermeidungsverhalten. Kurzum: Die Erwartungen des Kletterers werden nicht erfüllt.
Es ist kein Wunder, dass in solchen Phasen die Motivation für das Klettern flöten geht.
4. Zielsetzung: Der Anspruch muss stimmen
Aber wie kann man lernen mit solchen Phasen umzugehen, oder generell, die Motivation aufrechtzuerhalten?
Dazu muss man eine grundlegende Sache klären, denn einer der Hauptgründe, warum manche Kletterer immer wieder mit ihrer Motivation zu kämpfen haben, ist die fehlende oder falsche Zielsetzung. Um diese konkret zu formulieren, muss man sich vorab klar machen, warum man eigentlich klettern geht, und dann diesen Ansprüchen gerecht werden:
- Klettert man, um eine gute Zeit mit Freunden zu haben? Dann darf man sich nicht aufregen, wenn man das Projekt nicht durchsteigt.
- Ist es das Ziel, im Frühjahr den neunten Grad zu knacken? Dann muss dafür trainiert werden.
- Klettert man nur aus Spaß? Dann geht das auch wirklich nur, wenn ihr Spaß habt und euch nicht quält.
Wird man von externen Faktoren ausgebremst, hilft es, sich in dieser Zeit andere Ziele zu setzen, wie an der Grundlagenausdauer und/oder Sturzangst zu arbeiten, oder man lernt in diesen Phasen endlich mal, wie mobile Sicherungen gelegt werden usw. Dadurch bleibt die Motivationskurve vielleicht nicht ganz so steil wie vorher, aber sie zeigt weiterhin zumindest nach oben!
5. Der Weg aus der Motivationsmisere beim Klettern
Im Grunde ist der Weg aus der Misere hin zu wieder mehr Spaß am Klettern einfach erklärt:
- Sich über Selbstreflexion klar machen, warum man eigentlich klettert!
- Sich diesbezüglich realistische Ziele setzen!
- Diese im Anschluss etappenweise realisieren.
- Und ganz wichtig: Nett sein mit sich selbst, sich danken und kleine Erfolge (laut ausgesprochen) honorieren und feiern!
Dann bleibt die Motivation hoch und die Leistung passt auch zum Ziel. Have fun!