Sich beim Eisklettern durch gefrorene Wasserfälle zu kämpfen, wird beliebter. Grund genug für Alois Pumhösel, es auch einmal zu versuchen. Bei Climbers Paradise berichtet er von seinen Erfahrungen:
Wir machen uns auf ins Ötztal, wo eine engagierte Bergführer-Community Anfängern wie Fortgeschrittenen immer mehr Möglichkeiten zum Eisklettern bietet. „A bissl anscheißn g’hört dazu“, sagt Burney, als er vom Standplatz aufbricht. In der dritten Seillänge, die unsere Tour abschließt, lehnt sich das Eis nicht mehr so gemütlich gegen den Berg wie bei den vorhergehenden. Hier sind doch einige Meter fast senkrecht durch den Wasserfall zu steigen. Durchaus eine Herausforderung, wenn man das erste Mal mit Steigeisen und Eisgeräten vor den Eismauern steht.
Eisklettern im Ötztal: Perfekt für Einsteiger
Unterwegs sind wir mit Erwin Holzknecht, Bergführer vom Alpintreff in Längenfeld im Ötztal. An die 30 kletterbare Wasserfälle gibt es hier allein im nahen Umkreis des Ortes. Erwin sucht uns einen aus, der nur ein paar Schritte von Längenfeld entfernt liegt und sich besonders gut zum Eisklettern für Einsteiger eignet: 120 Meter hoch, Standplätze vorhanden, ein Wanderweg für den Abstieg. Der sehr breite und eisreiche Einstiegsbereich ist fürs Toprope-Klettern vorbereitet. Halten wir uns hier links, bleibt die Kletterei leichter, „WI3“ auf der Schwierigkeitsskala fürs Eisklettern, also unter 80 Grad Steilheit, erklärt der Bergführer. Halten wir uns rechts, wird’s mit WI4 deutlich steiler. „Zum üben genial“, urteilt der Längenfelder. Gut für Anfänger, dennoch nicht zu unterschätzen.
Immer mehr Eiskletterer im Ötztal
Im vergangenen Herbst gab es viel Niederschlag, was diesen Winter ausgezeichnete Bedingungen fürs Eisklettern bringt, erklärt Erwin. Der Ötztaler Bergführer bemerkt an der Anzahl seinen Kunden deutlich, dass die Sportart populärer wird: Deutsche, Holländer, Franzosen, Schweizer steigen mit ihm durch die Eisfälle. Nicht nur Anfänger, auch Stammkunden, die immer wieder kommen und was Schwieriges wollen. 60 Wasserfälle seien zur Zeit im ganzen Ötztal kletterbar, viele abseits jeder Lawinengefahr. Die Zahl der Topos wächst stetig. Für nächstes Jahr planen die Längenfelder zudem einen eigenen, künstlichen Eisparkour an einer Fels-Kletterwand.
Reintreten, reinhauen, immer wieder
Nach einer kurzen Erklärung über verschiedene Eistypen und das richtige Einsetzen von Steigeisen und Eisgeräten geht’s für uns nun los: Erwin lässt uns zuerst an einem Toprope-Seil probieren. Reintreten, Reinhauen, immer wieder. Gut stehen, langsam vorwärts arbeiten. Langsam bekommt man ein Gespür dafür, ob die Spitze des Eisgeräts im Eis halten wird oder ob man „weiterhacken“ muss. Die Oberschenkel brennen. Von den Klettereien, die wir von Fels und Halle kennen, ist das meilenweit entfernt, auch wenn sich manche Bewegungsabläufe vertraut anfühlen.
Schlüsselstelle auf den letzten Metern
Nach ein paar Versuchen war klar: Das ist sauanstrengend, geht aber trotzdem erstaunlich gut. Also probieren wir die drei Seillängen ganz hinauf. Burney übernimmt – als erfahrenerer Felskletterer – die steileren Vorstiege, ich sammle hinter ihm die Eisschrauben ein. Erwin assistiert beim Standbauen, wo es notwendig ist.
Die Schlüsselstelle ist für uns auf den allerletzten Metern. Burney wird nachher sagen, dass es kein schönes Gefühl ist, im Vorstieg mit den Steigeisen aus dem Tritt zu rutschen. Er fängt sich aber jedes Mal und wir kommen gut oben an. Das Resumé: Fürs erste Mal fühlte sich das schlicht großartig an.