Neben der Heidelberger Hütte hoch über Ischgl gibt es einen neuen Klettergarten, ideal für den Hochsommer. Und unwahrscheinlich idyllisch noch dazu – wir haben den Hüttenblock zusammen mit dem Erschließer besucht. Einen Spot, der dem Sportklettern im Paznaun weiteres tolles Angebot hinzu fügt.
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Der Block bei der Hütte
Gute 40 Jahre brauchte es, bis er seine Idee in die Tat umsetzte. Gut gereift, kann man sagen – mit Anfang 20 sah Hansjörg Randl den steilen Felsblock neben der Heidelberger Hütte bei einer Skitour zum ersten Mal. Und staunte damals bereits, dass in diesem edlen Stück Fels noch keine Route zu finden war. „Müsste man mal was einbohren“, dachte er damals, und es sollte bis zu seiner Pensionierung dauern, bis sein Traum in Erfüllung ging. Heute ist Hansjörg 66 Jahre als, was in keinesfalls davon abhält, immer noch in die überhängenden Routen einzusteigen. „Scho sackrisch steil, ha, was sagst?“, schwärmt er, als er stolz sein vollendetes Werk präsentiert. Gute zehn Routen führen nun durch den Felsen, die leichteste checkt im unteren achten Grad ein. Viel Herzblut und Leidenschaft hat er in den Klettergarten gesteckt, selbst eine hölzerne Jesusstatue, die er hier gefunden hat, hat er extra restaurieren lassen und nun als Schutzpatron für die Kraxler an die Wand geklebt. 2016 hat er angefangen, hier oben auf fast 2.300 Metern zu bohren, über drei Sommer kam er immer wieder hier hoch, mit schwerem Rucksack und Bohrmaschine.
eBike & climb Heidelberger Hütte
„Anfangs noch ohne E-Bike, des war vielleicht was“, erinnert er sich. Da kommt man in der 14 Kilometer langen Anfahrt von Ischgl herauf schon ordentlich ins Schwitzen. Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert, heute sind wir alle mit einem motorunterstützen Bike hergeradelt – bis direkt an den Wandfuß geht das hier, auch eine Seltenheit. Und es spart Kraft für die Routen, die man bei dieser Steilheit mit Sicherheit gut gebrauchen kann. Hansjörg Randl ist in der Tiroler Kletterszene kein Unbekannter – in der alten, wilden Zeit war er ganz vorne dabei, erschloss neue Routen im Schüsselkar, manche so kühn, dass ihm bis heute keine Wiederholung bekannt ist. Mit dem Einzug des Bohrhakens kamen dann öfter wiederholte Linien dazu, in der Martinswand und nahe seiner Heimat Telfs, wo er über 20 Jahre lang Wegewart und Steigbauer war.
Die Idee, den Block neben der Hütte zu einem Klettergarten auszubauen, fiel beim Hüttenwirt der Heidelberger Hütte sogleich auf fruchtbaren Boden. „I hab ma scho lang gedacht, komisch, dass da niemand was macht an dem Felsen“, erinnert sich der Hüttenwirt Alois Eiter beim Kaffee auf der Terrasse, mit Blick Richtung Felsen. In dem Moment spazieren zwei seiner Mitarbeiterinnen vorbei, ausgerüstet mit Helm, Klettergurt und Karabinern. „So viel Zeit möchte i mal haben“, lacht der stets gut gelaunte Wirt, und erzählt: „Vier meiner Mitarbeiter für die Saison hab‘ ich nur bekommen, weil es jetzt eine Möglichkeit zum Klettern hier oben gibt“. In wenigen Sekunden sind die beiden oben am Übungsfels und hängen sich in die Routen, auch so kann man eine Zimmerstunde verbringen, das blaue Seil der Köchin Kathi hängt noch in ihrem Projekt der Route „Heidelberger Spitze“ (7b). Bis zur nächsten Zimmerstunde, dem nächsten Go im Projekt.
Ischgl mal anders
Bis dato ist der Block aber noch wenig bekannt, selten verirrt sich ein Kletterer hier herauf. Die Mehrzahl der Gäste sind mittlerweile Biker, mit oder ohne Motor, nicht wenige in Mission Alpenüberquerung unterwegs, scharenweise schleppen sie ihre Räder den Steig Richtung Fimberpass hoch. Was man ihnen auch nicht verübeln kann, die Landschaft hier ist grandios, gar einen Hauch isländisch. Faszinierend auch der Wechsel vom so gar nicht ruhigen Tourismus Hotspot Ischgl, dem Ausgangspunkt für die Hütte, bis zum Ruhepol der Gegend, der Heidelberger Hütte. Mit jedem Kilometer des Weges wird es noch idyllischer, noch entschleunigter. Angekommen in der vollkommenen Entspanntheit ist man dann, wenn einem der Hüttenwirt Lois ein Bier oder einen Kaffee hinstellt, und der sagt, was er gern sagt: „Hock di her, immer cool bleiben, nur koa Stress!“
Und genau das macht den Hüttenblock so besonders: Die Lage direkt neben dem zufrieden mäandernden Fimbabach, die grasbedeckten Hügel mit den Kühen und Eseln drauf, die Dreitausender im Hintergrund. Selbst wenn das Thermometer im Tal weit jenseits der 30°C klettert, hier oben klettert man bei einem kühlen Lüftchen so ziemlich immer in Idealbedingungen. Ein Klettergarten, wie er idealer für den Hochsommer nicht sein könnte. Und dass man hier im Hochgebirge klettert, erkennt man spätestens dann, wenn man das Büschl Edelweiß neben dem Startgriff identifiziert und den Pfiffen der Murmeltiere im Hintergrund lauscht.
Die Tiroler Spitzenkletterin Angy Eiter war auch schon hier heroben, „ein Juwel“ nannte das Platz’l. An den Massentourismus unten im Tal erinnert nur entfernt die rote Pistenraupe, der hier unter dem Felsen parkt und geduldig auf den nächsten Schneefall wartet. „Ischgl“ steht da drauf, und weiter im Slogen: „Relax. If you can …“. Hier oben fällt uns das jedenfalls nicht schwer. Relaxen, das kann man hier vorzüglich. Dank Lois‘ seinem Kaiserschmarrn und dank Hansjörgs neuen Routen. Ein Juwel, das unterschreiben wir.
Facts: eBike & climb Heidelberger Hütte bzw. Hüttenblock
Zustieg: Am besten mit dem E-Bike von Ischgl durch das wunderschöne Fimbatal bis direkt zum Block unmittelbar neben der Heidelberger Hütte (ca. 1h, zu Fuß ca. 4h)
Topo: Routennamen angeschrieben, ab 6c+ hier geht es zum TOPO HÜTTENBLOCK HEIDELBERGER HÜTTE
Fels: Stark überhängender, sehr rauer Hochgebirgskalk von bester Qualität
Stützpunkt: Am besten länger bleiben, die Idylle wirken lassen und einen Lagerplatz bei Lois von der Heidelberger Hütte buchen, grandiose Verpflegung inklusive: WEBSITE HEIDELBERGHER HÜTTE