Die Temperaturen sinken, der Aggregatzustand des Wassers ändert sich von flüssig auf fest, es ist wieder soweit: Die Eissaison ist da! Doch was braucht man überhaupt alles zum Eisklettern? Wie funktioniert das Spiel mit der gefrorenen Materie? Unser Redakteur Benjamin Zörer begleitete den Gewinner des Gewinnspieles in Kooperation mit Austrialpin samt Bergführer einen Tag lang im Kaunertaler Eis. Und hat genau hingeschaut, wie das Eisklettern funktioniert und sich den ein oder anderen Spezialtipp für geholt.
Heute ging es für uns ins wunderschöne Kaunertal. Schon beim Hineinfahren wird einem klar, warum das Kaunertal bei Eiskletterern kein unbekannter Fleck ist – links und rechts der Straße Eisfälle, einer schöner als der andere!
Unser heutiges Ziel ist der Fernergrieß, am Ende des Gepatschdamms. Nach guten 15 Minunten Zustieg mit den Schneeschuhen sagt unser Bergführer Michael Veit: „Schauts mal, das ist unser Spielplatz für heute.“
Serdar, der Gewinner unseres Gewinnspiels in Kooperation mit Austrialpin, schaut nicht schlecht, das Eis um uns herum ist doch recht steil. Sogar eine 10 Meter hohe Säule steht da!
Nach einer Einführung in die Materialkunde und das Anlegen von Steigeisen ging es auch schon ans Eingemachte. Obwohl es das erste Mal Eisklettern (und das zweite Mal überhaupt Klettern) für Serdar war, schlug er sich unglaublich! Trotz Höhenangst kletterte er bereits beim ersten Mal bis über die Hälfte der Seilllänge. Im zweiten Anlauf, nach etwas Gewöhnung und Vertrauen ans Gerät, ging es auch schon bis zum Top. Der Spaß, den er dabei hatte, war kaum zu übersehen. Er kam aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus.
Nun hatte unser Gewinner endgültig Blut (oder Eis) geleckt und war nicht mehr einzubremsen! Gott sei Dank war dann der Hunger irgendwann doch zu groß, und es hieß Jausenzeit. Doch unser Jausenplatzerl war alles andere als gewöhnlich: Unser Bergführer Michael hatte ein ganz besonderes Plätzchen für uns. Dafür mussten wir jedoch zuerst ans obere Ende des Eisfalls klettern. Dort erwartete uns dann ein herrliches Jausenplatzerl in der Sonne, traumhaftes Panorama inklusive.
„Mit etwas Glück“, erzählt uns Michael, „kann man sogar Bartgeier sehen, die nisten wieder hier.“
Nach ausgiebiger Pause und spannenden Erzählungen des Bergführers, ging es gemütlich zurück zum Einstieg. Ganz unter dem Motto „Aufhören, wenn es am schönsten ist“, ließen wir diesen lehrreichen und erlebnisvollen Tag, mit der kurzen Schneeschuhwanderung zum Auto, ausklingen. Das Resume von Serdar? „Ein Erlebnis der Sonderklasse!“
How-To: Grundtechniken Eisklettern
Wer mit dem Eisklettern beginnen möchte, sollte bereits am Fels oder in der Halle mit dem Klettern vertraut sein und wissen, wie man richtig sichert und die Standardknoten beherrschen.
Steigen
Wie auch beim Felsklettern, ist das Steigen beim Eisklettern das A und O. Im Unterschied zum Felsklettern, haben wir beim Eisklettern die Füße idealerweise immer auf der gleichen Höhe. Da wir beim Eisklettern auch noch mit scharfen Gegenständen an Händen und Füssen klettern, ist ein sicheres Steigen umso wichtiger, um Verletzungen zu vermeiden.
Für ein sicheres Setzen der Steigeisen, ist die richtige Technik unumgänglich. Man kickt so in das Eis, dass das Steigeisen im besten Fall 90° zur Oberfläche eindringt. So greifen nicht nur die Frontalzacken, sondern auch die Sekundärzacken, welche ein großes Plus an Stabilität bringen. Gerne sagt man dazu auch „Fersen hängen lassen“.
Spezialtipp: Wem es schwer fällt das Steigeisen in genau diesem Winkel zu schlagen, dem hilft es vielleicht beim Setzen daran zu denken, die Zehen etwas zu heben, sodass man einen Zug am Schienbein spürt. Probiert es einfach mal aus. Wie bei vielen im Klettern, geht es hier viel um Gefühl! Auch wenn es Spaß macht die Steigeisen ins Eis zu schlagen, ist dies nicht immer nötig. In strukuriertem Gelände kann man kleine Podeste oder Mulden auch einfach nur ansteigen. Durch den Druck unseres Körpergewichts halten die Steigeisen problemlos.
Schlagen
Wie funktioniert nun das richtige Schlagen mit unseren „Waffen“?
Je effizienter wir unsere Eisgeräte verwenden, desto weniger Kraft und umso mehr Spaß haben wir. Grundsätzlich lassen wir das Eisgerät durch eine Schleuderbewegung für UNS arbeiten. Moderne Eisgeräte sind inzwischen perfekt ausbalanciert, und haben das meiste Gewicht am Kopf um ein optimales Penetrieren der Eisoberflöche zu ermöglichen.
Am besten startet man mit Trockentraining, um ein Gefühl für seine Geräte und deren Schwung zu bekommen.
Eine optimale Übung wäre folgende: Man nimmt die Eisgeräte in die Hände, und hebt die Arme gebeugt über den Kopf, sodass die Rückseite der Eisgeräte den Rücken berühren. Schulter, Ellbogen und Hand sind in einer Achse. Nun schleudert man die Geräte nach vorne. Zum Schluss ist hier die Kunst aus dem Handgelenk dem Eisgerät noch ein wenig Zug nach unten zu geben. Nach ein paar mal Schwingen, sollte es sich schon vertraut anfühlen, bis es an der Zeit ist dies im Eis anzuwenden.
Spezialtipp: Wem der letzte Kick aus dem Handgelenk schwer fällt, der nimmt das Eisgerät in die Hand und hält die Hand ganz knapp vor die Eisoberfläche. Nun schlägt man nur durch die Bewegung im Handgelenk mit dem Eisgerät ins Eis. Nach kurzer Zeit sollte man den Dreh heraushaben!
Davor ist jedoch noch wichtig, zu erkennen, wo die besten Stellen im Eis sind, um unserer Eisgeräte zu setzen. Grundsätzlich sind konkave Strukturen, konvexen vorzuziehen. Konvexe Strukturen, sind Zugzonen und haben somit viel Spannungen, was zu viel Sprengung des Eis führt, wenn man hineinschlägt. Daher bevorzugt konkave Strukturen anvisieren. Wie auch bei den Steigeisen, muss man mit den Eisgeräten nicht immer schlagen. Man kann auch „hooken“, sprich einfach das Eisgerät in bereits geschlagene Löcher reinlegen. Jedoch gehört zu dieser Technik schon etwas Erfahrung, um einschätzen zu können, ob der „Hook“ auch hält.
Beim Belasten des Eisgerätes ist es wichtig, den Zug immer nach unten zu halten und das Gerät ja nicht zu weit oben zu halten, da es einem sonst schnell mal entgegen kommt. Zum Lösen des Eisgeräts, hebeln wir es nach oben hinaus. Keinesfalls von links nach rechts, sonst bricht die Haue ab!
Bewegungsablauf
Ist das Setzen der Steigeisen und Eisgeräte ausreichend geübt, kann man sich aufs reine Klettern konzentrieren. Hierfür ist es aber noch wichtig den richtigen Bewegungsablauf beim Eisklettern zu kennen. Als Anfänger eignet sich hier die „Raupentechnik“ am besten.
- Ausgangsposition ist, wie auch beim Felsklettern, eine stabile Position. Beim Eisklettern heißt gut platzierte Eisgeräte, schulterbreit, auf ca. gleicher Höhe, Arme lang, gute Steigeisen Placements auf gleicher Höhe und etwas Bogenspannung.
- Nun streckt man das Gesäß nach außen, Beine gerade gestreckt und man sieht zu den Füssen hinab. Danach steigt man mit kleinen Schritten links-rechts nach bis die Knie ca. 90 Grad gebeugt sind. Beine durchdrücken und wieder Bogenspannung aufbauen.
- Dann ein Eisgerät lösen und höher setzen, zweites Gerät lösen und ebenfalls auf ca. gleicher Höhe setzen. Abschließend wieder eine stabile Position einnehmen. Jetzt wieder von vorne, Hüfte nach außen, nachsteigen, …
Spezialtipp: Wenn du deine Sicherungshandschuhe während des Kletterns unter die Jacke gibst, hast du, wenn du runter kommst, wieder angenehm warme Handschuhe. Umgekehrt solltest du deine Kletterhandschuhe während du sicherst oder rumstehts ebenfalls unter deine Jacke geben um bereits mit warmen Handschuhen loszuklettern.
Nun gilt es das gelernte Anzuwenden und Meter zu machen. Spulen, spulen, spulen, und man wird sehen, wie schnell man den Dreh raus hast! Um es in den Worten des Gewinners zu sagen „Es war sicher nicht das letzte Mal Eisklettern!“
Wir hoffen, wir konnten mit diesen Tipps den Einstieg ins Eisklettern erleichtern bzw. schmackhafter machen und wünschen schon jetzt, eine gute und unfallfreie Eisklettersaison.
Welche Ausrüstung benötigen wir zum Eisklettern?
Bekleidung
Ähnlich wie beim Skitouren gehen empfiehlt sich auch beim Eisklettern das Zwiebelschichtprinzip. Die unterste Schicht bildet die Funktionsunterwäsche und warme Socken. Über diese zieht man am besten einen dünnen Fleece-Pullover/Jacke. Nun wählt man, je nach Temperatur und Kälteempfindlichkeit, eine dünne Isolationsjacke (z.b. dünnen Primaloft bzw. Daune). Die äußerste Schicht sollte eine wasserabweisende Jacke und Hose bilden. Über diese kommt dann der Klettergurt. Fertig ist unser „Kletteroutfit“!
Da man beim Sichern und Rumstehen jedoch schnell mal auskühlt, empfiehlt sich eine schön warme Daunenjacke zum Drüber anziehen. Wer es ganz kuschelig warm haben will, der investiert gleich noch in eine Daunenhose. Natürlich sollte eine dünne Mütze, bestenfalls eine „Helmmütze“, unter dem Helm nicht fehlen, damit die Ohren schön warm bleiben.
Schuhwerk
Zum Eisklettern empfiehlt sich unbedingt ein voll steigeisenfester Schuh der Kategorie D. Ob nun ein synthetischer oder traditioneller Lederbergschuh, ist Geschmackssache. Die synthetischen sind meist leichter, dafür nicht so langlebig wie die aus Leder.
Handschuhe
Wohl nirgends scheiden sich die Geister so sehr, wie bei den Handschuhen. Der eine schwört auf speziell zum Eisklettern konzipierte Handschuhe, der eine auf Handschuhe aus dem Baumarkt, der andere verwendet überhaupt Golfhandschuhe. Aber welche sind nun die richtigen für mich, als Anfänger? Zuerst einmal sollte man zwischen den Handschuhen zum Sichern und Rumstehen und denen zum Klettern unterscheiden. Beim reinen Stehen wird einem schnell mal kalt und erfahrungsgemäß frieren meist die Zehen und Hände als erstes. Darum sind hier warme Handschuhe, wie Fäustlinge oder dicke Fingerhandschuhe, Gold wert. Diese müssen keine besondere Fingerfertigkeit ermöglichen, sondern haben nur die Aufgabe deine Hände zu wärmen. Zum Sichern jedoch sollte man schon genug Gefühl in den Händen samt Handschuh haben, um ein sicheres Seilhandling zu gewähren. Hier sind dicke Fingerhandschuhe mit Ledereinsätzen bestens geeignet.
Beim Klettern selbst, will man dann so viel Gefühl wie möglich in den Händen haben, da man sonst unnötig fest zugreift und unnötig Kraft braucht. Dennoch sollten sie eine gewisse Isolation haben. Hier bieten sich eiskletterspezifische Handschuhe, die es inzwischen von einigen Herrstellern gibt, perfekt an. Leider sind diese jedoch meist recht teuer und werden schnell mal kaputt.
Als Alternative funktionieren zum Beispiel Langlaufhandschuhe oder Winterarbeitshandschuhe aus dem Baumarkt auch ohne weiteres. So manch ein Eiskletterer schwört nämlich genau auf diese. Sollte es dann ganz extrem werden und man benötigt so viel Gefühl und Grip wie möglich, greift so mancher Profi zu Golfhandschuhen.
Hardware
Die Packliste des Profis:
- Eisgeräte
- Steigeisen
- Eischrauben (8-10 Stk.)
- Expresschlingen
- Halbseile/Einfachseil
- vorbereitete Standplatzschlinge
- Schraubkarabiner
- Sicherungsgerät/Abseilgerät
- Reepschnurrmaterial
- Halbseilstücke (ca. 1,8m) für Eissanduhren
- Sanduhrfädler
- Messer
- Gurt
- Helm
- Erste-Hilfe Paket
- 40L Rucksack