Zuerst die Finger langziehen, dann die geschundenen Füße ins kühle Nass halten – oder besser gleich ganz reinspringen. So geht Klettern und Schwimmen in Tirol. Wenige Tage sind so erfüllend wie wenn mit einer Kombination aus Klettern und Baden gefüllt. Deshalb stellen wir euch in der 1. Ausgabe unserer Serie vier Spots in Tirol vor, wo dies erfrischend gut funktioniert.
Klettern und Schwimmen in Tirol
Kombinieren kann man viele Sportarten: Langlaufen und Zielschießen, das heißt dann Biathlon. Rennen, Schwimmen, Radfahren, das ist dann Triathlon. Klettern und Klippenspringen, das heißt dann deep water soloing.
Aber wirkliche Lebensprofis wissen: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wenn die „Arbeit“ selbst dann auch noch Vergnügen ist, umso besser: Auf zum climb & swim. Wir empfehlen vier Spots im Climbers Paradise Tirol, an denen sich Fels und Wasser ideal verbinden.
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Steinseehütte, Tirol West
Schon alleine der Name beinhaltet alles, was man für ein gelungenes Kletterwochenende im Hochsommer braucht: Stein-See-Hütte. Stein, ja der ist hier überall in den Lechtaler Alpen. See, den gibt’s auch, idyllischer könnte ein Bergsee kaum liegen. Und Hütte, die ist hier auf über 2.000 Metern sowieso essentiell, sei es für die Übernachtung oder für den Belohnungs-Kaiserschmarrn nach der Tour.
Das Gebiet um die Steinseehütte hinter Starkenbach im Tiroler Oberland ist ein Kleinod für Kletterer: Ob einen alpinen Klassiker am spektakulären Spiehlerturm (2.550 m), entspanntes Sportklettern im Schneekarle oder der Klettersteig Steinsee (B/C) – einen Sprung in den eiskalten Steinsee sollte man sich nach der sportlichen Betätigung keinesfalls entgehen lassen.
Die Routen hier oben eignen sich perfekt für alpine Einsteiger, sind meist nicht allzu schwer. Erarbeiten muss man sich das Gebiet aber allemal: Gut zwei Stunden Zustieg mit dem schweren Kletterrucksack muss man im Kauf nehmen, bis man erstmal oben bei der Steinseehütte ist. Und dann eben noch ein wenig weiter zu den Felsen – gut schwitzen wird man mit Sicherheit, auch der gleichnamige See liegt gut eine halbe Stunde über der Hütte.
Der Lohn dafür ist neben dem grandiosen Ambiente aber eben auch die wohltuende Ruhe und vergleichsweise Einsamkeit, die man im Tal oft vergebens sucht.
Mehr dazu: Topo Steinseehütte Klettergärten
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Kraftwerkswandl, Reutte
Ganz im äußersten Nordwesten Tirols, nur mehr ein paar Meter von der Bayerischen Grenze entfernt, findet sich ein Klettergebiet, wie geschaffen für die warmen Tage: Das Kraftwerkswandl bei Reutte.
Kurzer Zustieg, schattige Ausrichtung und meist ein kühles Lüftchen machen den kompakten Kalkriegel zu einem idealen Sommergebiet. Die Routen sind eher von gehobenem Niveau, denn viele der lohnenden Linien erfordern zwei Sachen, die das „Wandl“ schon irgendwie im Namen impliziert: Kraft und ein gutes Schuhwerk. Ab dem siebten Grad findet man hier viele tolle Projekte, vereinzelt gibt es aber auch gute einfachere Routen. „Carpe diem“ (7a) sollte man zum Beispiel unbedingt klettern, und danach das Prinzip folgewirksam auch gleich leben, sprich: Ab ins Wasser!
Zur post-klettertechnischen Abkühlung steht man nach einer Session im Kraftwerkswandl vor einer luxuriösen der Wahl: Ab in den Fluss oder doch lieber in den See?
Bereits von den Umlenkern aus blickt man runter auf den schönen Lech, der unweit der Wand durchs Tal fließt. Ein paar Meter flußauf- oder abwärts, schöne Kiesbänke mit Bademöglichkeiten finden sich hier genügend. Wer aber lieber im stillen Wasser ein paar Längen Rückenschwimmen will, dem sei der nahe Urisee über Reutte empfohlen (ca. 10 min mit dem Auto).
Mehr dazu: Routen und Zustieg
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Um den Achensee
Wenn es um Wasserflächen in Tirol geht, dann kommt man um einen prominenten Namen nicht herum: Der Achensee, das „Meer Tirols“.
Übertreiben tun die Tiroler ja gern mal ein bisschen, soviel ist bekannt, aber der Achensee ist tatsächlich mit Abstand der größte See im Lande. Mittelmeertemperaturen sollen man sich aber nicht erwarten, „schön zapfig“ ist hier angesagt. Denn die tiefen Alpenseen mit konstanten Zuflüssen aus klaren Bergbächen, heizen sich bei weitem nicht so auf wie flache Seen im Tiefland. Aber, wichtiger für uns Kletterer, auch genau zwischen zwei Gebirgsgruppen eingelagert: Dem Karwendel im Westen und dem Rofan im Osten.
Entsprechend zahlreich also die Klettermöglichkeiten auf allen Uferseiten, wobei man immer ein wenig weg muss vom See. Außer beim Klettergarten Achenseehof, der aber eher etwas für Kinder ist, dafür aber in Ufernähe. Die lohnenderen Ziele finden sich hoch oben über dem See, was sie auch im Sommer kletterbar macht: Das „Klobenjoch“ mit seinen epischen Mehrseillängen, das „Paradies“ mit seinen, ja durchaus, paradiesischen Sportklettereien im steilen Lochfels, die Rotspitze mit ihrem fotogenen Tiefblick hinunter auf den See. Egal, für welches Ziel man sich entscheidet: Sofern man nicht eine Nacht auf der Erfurter Hütte verbringt, führen alle Wege wieder hinunter zum Achensee – oder besser noch, hinein in den Achensee.
Mehr dazu: Übersicht Sportklettergebiete Achensee
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Im Pillerseetal, Steinberge
Hier, im Grenzgebiet Tirol-Salzburg, wird einem so schnell wohl nicht langweilig: Über 1.000 Kletterrouten warten in der gesamten Kletterregion Steinberge, die ikonische Steinplatte mit ihren sonnigen Mehrseillängenrouten ist eines der Kletter-Epizentren in den Ostalpen.
Wenn man Klettern mit Schwimmen verbinden will, bleibt man aber besser im Tale. Die rare Kombination aus perfekt eingebohrtem Klettergarten mit nahem Badesee ist im kleinen aber feinen Klettergarten Wiesensee manifestiert. Dieser lockt besonders Familien, viele der Routen sind hier in den unteren Schwierigkeitsgraden, der gut dreiminütige Zustieg ist auch mit kleinen Kindern gut verkraftbar. Ein Wohlfühlort!
Etwas mehr Routenauswahl, über 40 nämlich, findet man im Klettergarten Adolari, gut einen Kilometer vom Pillersee entfernt. Oder man sucht sich seine Abkühlung in der nahen Teufelsklamm, in diese kann man direkt vom Klettergarten aus erwandern. Das kleine, kühle Bergbächlein wird jedenfalls die Füße verlässlich abkühlen.
5. Klettern über dem Drachensee in der Zugspitz Arena
Man kann es wohl nicht besser beschreiben, wie im Intro des Beitrags im Klettermagazin Limit #2: “Was braucht der Homo Bergensis zum Glücklichsein? Eigentlich nur Berge, oder? Wenn dem so ist, dann müssen Bergmenschen hoch über Ehrwald aufpassen, nicht an einer Überdosis Glück zu kollabieren. Denn dort gibt es von allem mehr: mehr Bergseen, mehr leuchtende Farben, mehr neue Kletterrouten.”
Auch wenn es vielleicht ein bisschen übertrieben klingt, aber die Wirklichkeit kommt in den Mehrseillängengebieten Seebenwände, Wampeter Schrofen, Sonnenspitze und Grünstein Nordwand schon recht nahe an die poetischen Ausschilderungen heran. Denn mit dem Seebensee und dem Drachensee liegen gleich zwei Bergseen in unmittelbarer Nähe der Klettergebiete. Somit liegt das “kühle Nass” direkt am Nachhauseweg. Dazu kommen hier oben noch die kulinarischen Genüsse auf der Coburger Hütte, die laut Süddeutscher Zeitung mit dem besten “Tirol Gröst´l der Welt” aufwarten kann. Na Mahlzeit!
6. Rote Flüh im Tannheimer Tal
Wer schon einmal an der Südwand der Roten Flüh im Tannheimer Tal geklettert ist, der weiß: Der Ausblick auf den tieftürkisen Haldensee ist Segen und Fluch zugleich.
Denn einerseits ist er immer im Blick und man freut sich schon ultimativ auf den Sprung ins kalte Nass nach dem Klettervergnügen. Zugleich weckt er er aber an heißen Tagen die Sehnsucht, sofort ins Wasser einzutauchen, um sich abzukühlen.
Doch Gott sei Dank gibt es hier für Kletterer massig Ablenkung. Es warten ein gutes Dutzend Mehrseillängenrouten von richtig guter Qualität auf Wiederholer. Die Verteilung der Schwierigkeitsbereiche ist dabei sehr ausgewogen. Es finden sowohl die Genusskletterer mit der “alten Südwand” bis zu den Kletterprofis mit Routen im 9. Grad alle attraktive Lines.
Ist man wieder unten im Tannheimer Tal, kann man sich nach kurzer Fahrt im Strandbad Haldensee endlich ins ersehnte, glasklare Seewasser stürzen.