Ein kleiner Sprung in die Vergangenheit, genau genommen fünf Jahre zurück. Matthias und ich treffen uns mit dem blinden Kletterer Andy Holzer in Mieming beim Alpenresort Schwarz zum Brunch. Ein gemeinsamer Freund, der vor einigen Monaten im Yosemite Valley verunglückte, hat uns dieses Treffen beschert.
Mehrseillängen mit dem blinden Kletterer Andy Holzer
Sofort sind wir mit Andy auf einer Wellenlänge und schnell wird klar, dass wir den Tag nicht mit Spazierengehen verbringen, sondern in den nahe gelegenen Klettergarten in Nassereith-Tieftal in der Ferienregion Imst fahren. Dort angekommen erklärt uns Andy, dass er doch eher auf Mehrseillängen Routen steht und nicht so gerne im Sportklettergarten rumsitzt. Kein Problem denken Matthias und ich und suchen uns das Topo von „Leben im Sonnenschein“ 6a aus der Climbers Paradise APP raus.
Blind klettern – eine Herausforderung für Ungeübte
Beim Zustieg sind wir noch etwas skeptisch, da sich Andy recht schwer im unwegsamen Schotter tut. Als er dann allerdings im Toprope die erste Länge kletterte waren Matthias und ich tief beeindruckt. Andy bewegt sich wirklich erstaunlich gut auf den teils anspruchsvollen Plattenpassagen.
Schaut eigentlich recht leicht aus denken wir uns und versuchen abwechselnd mit verbundenen Augen, die nächsten Längen blind zu meistern. Keine Chance- bei 5c ist Schluss! Wir haben nicht den Hauch einer Chance und sind umso mehr beeindruckt, als Andy dann die Schlüsselseillänge 6a im Vorstieg meistert. Mit etwas Hilfe bei der Linienführung gelingt ihm diese auf Anhieb.
Ein paar Augenblicke später stehen wir alle drei am Ausstieg und freuen uns über das gemeinsame Abenteuer.
Andy Holzer auf dem Mount Everest
Vier Jahre später feiert Andy seinen Erfolg am Mount Everest und oft denke ich zurück an den gemütlichen Klettertag in Nassereith. Sein Motto „Den Sehenden die Augen öffnen“ könnte passender nicht sein. Der charismatische Osttiroler hat uns mit seiner Lebensenergie und Begeisterung für die Berge angesteckt und bewiesen, dass es im Prinzip nur an uns selbst liegt, seine (kletterische) Zukunft zu gestalten.